60. Auktion
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Auktion: Mittwoch, 13. Oktober 2010
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Artikel / Informationen
ANTIKE AUSGRABUNGEN

Los Nr.2180
Picenischer Prunkhelm mit erhaltenem Innenfutter,
7. Jhdt. v. Chr. Bronze. Der vierteilige vernietete Helm besteht aus einem einteilig geschmiedetem Unterteil mit leicht abfallender Krempe und einer durch drei figürlich getriebene Bleche gebildet Kalotte. Nahezu vollständig erhaltenes organisches Innenfutter aus Grasgeflecht, das mit dünner Ziegenhaut überzogen war (nur noch fragmentarisch erhaltene Reste), minimale Fragmente des ehemaligen rindsledernen Kinnriemen. Höhe 20 cm, Krempenumfang 100 cm, Gewicht mit Innenfutter und Abdeckung aus Plexiglas 1140 g. Sehr gute metallische Substanz, an einigen Stellen metallische Oberfläche, im übrigen dunkelgrüne Patina, minimale Ergänzungen, perfekt restauriert. Sammlung Axel Guttmann (AG 360), erworben 1989 in Zürich.
Zu diesem Helm erschien 1991 als Geschenk seiner Freunde zum 47. Geburtstag Axel Guttmanns der erste Band der später acht Bände umfassenden Publikationsreihe zur Sammlung Axel Guttmann im Verlag Philipp von Zabern in Mainz "Ein bronzener Prunkhelm der Hallstattzeit" von Hermann Born und Louis D. Nebelsick. Siehe weitere Abschnitte dieses Bandes in unserem Online-Katalog unter www.hermann-historica.com.
Formal gehört dieser Helm in eine Gruppe picenischer Helme nach etruskischem Vorbild mit zusammengesetzter, flach gewölbter Kalotte und breit ausladender Krempe (Picenischer Typ, Variante Novilara nach Egg) und stammt vermutlich aus dem Gebiet zwischen Ancona, Perugia und Rimini. Er stellt in seiner Form und Verzierung die Reaktion einer am Rande gelegenen Gesellschaft auf die Selbstdarstellung von Bewaffneten in der sich herausbildenden etruskischen Hochkultur dar. Die Grabbräuche der Gemeinschaft, die ihn in diesem Grab deponierte und den Toten so als hervorragendes Mitglied einer Kriegerschicht auszeichnete, sind auch als eine Reaktion auf die mediterrane Hochkultur zu verstehen, die entweder das Ergebnis einer eigenwilligen Angleichung an oder die rasche Übernahme von etruskischen Sitten war.
Seine Einzigartigkeit bezieht der Helm aus der dramatisch gestalteten, getriebenen Männer- oder Dämonenfigur auf der Kalotte, die durch ihr Maskengesicht mit weit aufgerissenem Mund, großen abstehenden Ohren, seitlichen Augen und den theatralisch den Hals fassenden Händen eine enorme abschreckende Wirkung gehabt haben muss und die möglicherweise inspiriert war von den bei den Etruskern in ihren Schlachten gegen die Römer eingesetzten, als Dämonen verkleideten Priestern, deren bloßes Erscheinen die römischen Truppen in Panik versetzte.
An der wissenschaftlichen Erforschung dieses außergewöhnlichen Helmes beteiligten sich Dr. A. Brande, Institut für Ökologie der Technischen Universität Berlin, Untersuchung und Bestimmung des Geflechts der organischen Helmkappe. Prof. Dr. B. Hänsel, Leiter des Seminars für Ur- und Frühgeschichte der Freien Universität Berlin. Prof. Dr. J. Riederer, Rathgen-Forschungslabor, Berlin, quantitative Metallanalyse. Prof. Dr. B. Terzan, Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Freien Universität Berlin. Prof. Dr. W.-D. Heilmeyer, Antikenmuseum, Berlin.
Vgl. Die Picener - ein Volk Europas. Schirn Kunsthalle Frankfurt, Ausstellung 12. Dezember 1999 - 6. Februar 2000.
Einzigartiger italischer Prunkhelm von außerordentlicher Bedeutung.

Zustand: II Limit: 60000 EURO
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Zuschlag 80000 EURO

 


© Hermann Historica